Samstag, 30. Juli 2011

Schikanen und Diskriminierung in spanischen Ämtern


Ein Erfahrungsbericht von Brigitte Baumgartner
 (ist zwar schon ein Weilchen her, aber ich habe mir sagen lassen, dass es immer noch genau so läuft)


Am Dienstag den 20. November 2007 habe ich beschlossen, dass ich meinen Schweizer Führerschein in einen Spanischen umschreiben will, wie es für Residenten vorgeschrieben ist. Hermann hatte seinen bereits im Februar umschreiben lassen und gleichzeitig wollte ich das damals auch tun. Offenbar war das aber im spanischen Tráfico (vergleichbar mit dem schweizerischen Strassenverkehrsamt) erst in sechs Monaten möglich.


1. Tag (21.11.07)

Am Mittwoch Morgen also bin ich um sechs Uhr aufgestanden, um den 7-Uhr-Bus zu erreichen. Um ein Viertel nach acht bin ich dann in Alicante angekommen.  Wohl wissend, dass da immer eine Menschentraube vor dem Eingang steht habe ich, um Zeit zu sparen, ein Taxi  vom Busbahnhof zum Tráfico genommen. Glück gehabt, es stehen noch nicht viele Leute da.

Um Punkt neun ist Türöffnung und das Gedränge geht los. Also rein und sofort an die Kasse. Bevor ich was erledigen kann, muss ich erst mal 16.80 Euro bezahlen. Dann erst bekomme ich eine Nummer. In diesem grossen Raum gibt es einen Bildschirm, wo die Nummern aufgerufen werden. Ich war recht gut motiviert und  sicher, dass ich alle Papiere beisammen habe, die es braucht. Doch weit gefehlt, die Frau hinter der Glasscheibe sagte mir, dass seit Juli ein neues Gesetzt in Kraft sei. Demnach brauche ich noch ein zusätzliches Formular von der Nationalpolizei. Und das würde ich in Elche bekommen. (Ein zusätzliches Problem ist plötzlich aufgetaucht. Nun muss ich mich also zuerst mit der Nationalpolizei herumschlagen, bevor ich ans Umschreiben des Führerscheins denken kann.)

Also wieder zum Bus-Bahnhof und zurück nach Crevillente. Unterwegs rufe ich Hermann an, er soll mich an der Bushaltestelle abholen. Um 11 Uhr bin ich da. Wir fahren gleich weiter zur Nationalpolizei nach Elche. Man hat mich sogar reingelassen und an der Information bekam ich zwei Formulare zum Ausfüllen. Ich könne das allerdings heute nicht mehr erledigen, weil es für mich keine Nummer mehr gebe!

Hier in Spanien kann man nicht einfach zur Polizei oder zum Tráfico oder sonst in ein Büro gehen, da bekommt man früh morgens eine Nummer und erst wenn diese aufgerufen wird, ist man an der Reihe. Und manchmal steht man sogar im Freien, ob kalt oder warm (und es ist kalt Mitte November) und erst dann darf man ins Gebäude rein. Hier herrschen ganz strenge Sitten, Jawolll!

So ging ich halt nach Hause, füllte die Formulare aus, ging zur Bank, zahlte den nötigen Obolus ein und wieder nach Hause, um alle meine Papiere neu zu ordnen, da ich am Donnerstag Morgen wieder nach Elche gehen will. 

 
2. Tag (22.11.07)

Heute bin ich sogar um halb sechs Uhr aufgestanden, habe noch kurz einen Kaffe getrunken, mich warm angezogen und ab ging’s nach Elche.

Um 6 Uhr 30Min. war ich bei der Polizei. Schock! Es warten mindestens schon 50 Leute. Na ja, dachte ich, jetzt muss ich eben anstehen. Ich war guter Hoffnung, dass ich noch zu denen gehöre, die eine Nummer bekommen. Um 8 Uhr sind 7 (!) Polizisten aus dem Gebäude gekommen, drei davon sogar mit Maschinen-Pistolen bewaffnet. Einschüchterung vom Feinsten. Jetzt muss man in die Reihe stehen. Es gab natürlich ein Gedränge. Einer der Polizisten dirigiert die Spanier auf die eine Seite und die Ausländer auf die andere.
 
Da dachte ich mir: „Na ja, das kann ja heiter werden“. Und tatsächlich, die Spanier bekamen zuerst ihre Nummern. Es werden jeden Tag nur 80 Nummern ausgeteilt und da es bestimmt an die 40 Spanier waren, blieben für den grossen Rest der Ausländer nur noch 40 Stück übrig. Reinste Diskriminierung der Ausländer, dacht ich. Welch ein Aufschrei würde wohl durch die Weltpresse gehen, wenn so was in der Schweiz  passieren würde: „Die Schweizer zuerst!“ ?  

Doch irgendwann stand auch ich vor dem Polizisten und der sagte mir: „Keine Nummer mehr“. Ich dachte, ich habe nicht richtig verstanden und hielt die Hand hin für eine Nummer. Er sagte aber, heute gäbe es keine Nummern mehr, ich solle morgen wieder kommen. Das darf doch nicht wahr sein, ich stehe seit einer und einer halben Stunden in der Kälte und der sagt einfach, ich solle wieder nach Hause gehen. Mir sind Emotionen hoch gekommen, die nicht gerade nett sind und die ich hier lieber nicht schildern will. Angeblich sind wir Gäste in diesem Land. Ich jedenfalls würde meine Gäste anders behandeln, zumal sie ihr Geld bei mir ausgeben.

Zuerst musste ich mal was Warmes trinken und auf die Toilette gehen und vor allem, mich etwas abregen. Das Spital war nicht weit weg so ging ich dahin. Gestärkt vom heissen Kaffee ging ich wieder zurück zum Polizisten. Ich habe mir einen Trick überlegt, wie ich eventuell doch noch reinkomme und was ich sagen werde. So sagte ich ihm, ich müsse zur Information. Er hat mich tatsächlich rein gelassen. Also bin zur Information gegangen und habe noch zwei der Formulare geholt, da ja Hermann diese Prozedur auch noch bevorsteht. Und da ich schon mal da war, bin ich auch gleich zum Schalter gegangen, um meine Formalitäten zu erledigen. Die Dame hat begonnen, die Formulare zu sichten und ich dachte: „ jetzt wird alles gut“. Aber, oh Schreck, plötzlich fragt sie nach der „heiligen“ Nummer, die ich nicht hatte.

Ich gestand ihr, dass ich keine Nummer bekommen hätte. Sie meinte darauf hin, es gebe da draussen Leute, die schon lange in der Kälte warten und ich komme einfach rein und will jetzt bedient werden. Darauf sagte ich ihr, dass ich auch schon seit halb sieben warten würde und gefroren hätte, und da sagt man einfach: „Es gibt keine Nummern mehr“. Aber das hat sie schon nicht mehr gehört. Sie ist wortlos aufgestanden, weg gegangen und nach ein paar Sekunden in Polizeibegleitung zurück gekommen. Ich musste meine Papiere zusammen raffen und dann wurde ich vom Polizisten sozusagen aus dem Haus geworfen. Dabei hätte sie mir einfach sagen können: „Ohne Nummer geht gar nichts“.

Meine Wut war grenzenlos. Bin mir wie eine Kriminelle vorgekommen. Ich hätte das ganze Gebäude in die Luft sprengen können. Ich fühlte mich schikaniert und gedemütigt. Aber es blieb mir nichts anderes übrig, als nach Hause zu gehen mit meiner ganzen Wut.

Zuhause hat Hermann seine Papier ebenfalls ausgefüllt und ich ging zur Bank, um nochmals 6 Euro 70  einzuzahlen.  Am Freitag würde ich seine Papiere dann auch gleich mitnehmen. Ich war also bereit für die nächste Etappe.


3. Tag (23.11.07)

Heute bin ich bereits um 5 Uhr aufgestanden, damit mir nicht dasselbe passiert wie gestern. Als ich da ankam, warteten bereits an die 30 Personen vor der Türe. Die ersten waren angeblich schon um 5 Uhr dort. Einige davon standen gestern hinter mir und haben ja auch keine Nummer mehr bekommen. Es war bitterkalt und der Wind blies um die Häuser. Ich habe mich warm angezogen, doch nach einer Stunde habe ich doch angefangen zu frösteln. Was soll’s, ich bleibe hier stehen, ob ich frier’ oder nicht. Ich will heute eine Nummer, um endlich meinen Führerschein umschreiben zu lassen. Nach zwei ein halb Stunden Warten, und das im Freien, war ich durch und durch kalt.

Oh, Gott sei Dank, die Polizisten kommen aus dem Gebäude und der eine verteilt die Nummern. Natürlich wieder zuerst den Spaniern und den Rest bekommen die Ausländer. Alle mussten wir hintereinander gehen, die Polizei hielt uns in Schach. Endlich stand ich dann vor dem Polizisten und streckte ihm die Hand entgegen, um die heiss ersehnte Nummer zu bekommen. Es war die Nummer 47!! Immer wieder habe ich sie angeschaut um sicher zu gehen, dass es wahr geworden ist. Das einzige was jetzt zählte war, sofort ins Spital rüber zu laufen und etwas Heisses zu trinken und etwas zu essen. Mich einfach nur aufwärmen. Man spürt, dass der Körper wieder langsam warm wird, also noch lebt. Ich bin eine ganze Stunde in der Cafeteria des Spitals geblieben, habe einfach nur die Wärme genossen und war zufrieden, dass ich eine Nummer hatte. Es braucht doch wirklich nicht viel, um in Spanien glücklich zu sein, nur eine Nummer! Um 9 Uhr ging ich dann zurück zur Nationalpolizei und habe dort nochmals bis um halb elf gewartet, bis ich ins Gebäude durfte. Drinnen war ich nach weiteren 10 Minuten Wartezeit endlich an der Reihe! Das ganze Prozedere am Schalter hat nur gerade mal eine Minute gedauert und schon hatte ich meine Papiere und alles war erledigt. Welch ein Aufwand, unglaublich!

Nun aber schnell zum Auto und  ab nach Alicante, nicht dass die mich nicht mehr hinein lassen. Im ersten Parkhaus am Hafen habe ich das Auto stehen lassen und wollte mir ein Taxi nehmen. Einen Parkplatz zu suchen hätte viel zu lange gedauert. Verkehrsstau überall, also blieb mir nichts anderes übrig, als zu Fuss zum Tráfico zu hetzen, denn es war schon bald 12 Uhr und damit kein Hineinkommen mehr.

Geschafft, ich komme noch rein. Und sage und schreibe, ich bekomme sogar noch eine Nummer (wieder mal), also durfte ich bleiben und hoffen, dass ich heute doch noch alles erledigen kann. Ist das nicht ein Glückstag für mich?! Um halb zwei durfte ich an den Schalter treten: die Papiere waren jetzt alle in Ordnung.

Folgendes musste ich vorlegen: den Schweizer Führerschein, zwei neuere Fotos, den Nachweis des medizinischen Eignungstests, den Nachweis der Anmeldung in der Gemeinde, die NIE-Nummer (Número de Indentidad de Extranjero), und letztendlich das Dokument, weswegen ich diesen Aufwand betreiben musste: die Bestätigung meiner  Anmeldung im Ausländer-Register. (Ich frage mich zwar weshalb das nötig ist, anhand der NIE-Nummer bin ich ja bereits im Innenministerium registriert.) Und das alles natürlich im Original und eine oder zwei Fotokopien. Alles in Allem habe ich also 10 Seiten abgeliefert. Es hat geklappt, bin ich nicht gut? Ich war richtig erschöpft und müde, hatte Durst und musste dringend zur Toilette. Ich habe dann Hermann angerufen und mitgeteilt, dass ich es endlich geschafft habe. Und dass ich sicher bis drei Uhr zu Hause sein werde. Von morgens fünf Uhr bis nachmittags um drei Uhr, wahrlich ein langer Tag!

Ich habe tatsächlich drei Tage gebraucht, um ein Papier zu bekommen, das nur gerade mal eine Minute gebraucht hat, um bearbeitet und ausgedruckt zu werden!

Man muss es einfach erlebt haben, glauben tut einem das sowieso niemand!

Fazit

Frage: Was ist der Unterschied zwischen spanischen Ämtern und der Boygroup Tokio Hotel?

Antwort: Es gibt keinen. Bei beiden musst Du vor der Türe campieren, wenn Du ganz sicher Zutritt haben willst.




Dienstag, 19. Juli 2011

Die unglaubliche Reise durch den spanischen Bürokratiedschungel

oder 

Es gibt Tage, an denen man nicht so viel essen kann, wie man kotzen möchte.


Donnerstag, 20. Mai 2004

Nachdem unsere gute Bekannte Barbara mir erzählt hat, dass sie innerhalb einer Woche die spanischen Nummernschilder bekommen habe, ist es jetzt für mich auch Zeit, diese Sache in Angriff zu nehmen. Zumal bald Mitte Jahr ist und die Versicherung und Zulassung in der Schweiz  für das zweite Halbjahr fällig wird. Ich melde mich im Rathaus als hier wohnhaft an und beantrage mit dieser Anmelde-Bestätigung (Empadronamiento) bei der Nationalpolizei in Elche eine  N.I.E.-Nummer (Numero Identificacion Extranjero).


Donnerstag, 10. Juni 2004

Heute kann ich das Schreiben mit der N.I.E.-Nummer in Elche abholen.

Freitag, 11. Juni 2004 

Jürgen, ein Freund mit guten Spanischkenntnissen erklärte sich bereit, mit mir zum ITV nach Orihuela, den spanischen TÜV, zu fahren. Dort schickt man uns, wie erwartet, zuerst zum Zoll nach Alicante. Also fahren wir nach Alicante und fragen uns zum Zoll durch. „Ja, ja“ sagt man uns dort, „sie sind hier schon richtig, aber zuerst müssen sie zu einem Zollagenten.“ Wir erhalten eine Liste mit verschiedenen Adressen von besagten Zollagenten. Jene, die am nächsten ist, lesen wir aus und gehen dahin. Wir müssen alle Papiere, resp. Kopien davon,  da lassen und der Agent würde mich dann anrufen, wenn die Zollformulare ausgefüllt seien. Da in den Köpfen der Spanier die Schweiz nicht zur EU gehört, (von bilateralen Verträgen haben sie sowieso noch nichts gehört!) brauche ich ein Dokument vom Schweizerischen Konsulat. Das « Certificado de Nacionalidad y de matricula » bestätigt, dass ich Schweizerbürger bin und auch da wohnhaft war. Es bestätigt weiterhin, dass ich in der Schweiz ab- und beim Schweizer Konsulat in Barcelona angemeldet bin. Ich muss sogar die Abmeldebestätigung von der ehemaligen Wohngemeinde an das Konsulat faxen. Dann  schickt man mir dieses Certificado, aber natürlich per Nachnahme: Kostenpunkt 30.00 Euros.


Montag, 21. Juni 2004


Heute trifft das begehrte Dokument vom Konsulat ein. Ich fahre mit Jürgen unverzüglich nach Alicante zum Zolldeklaranten, um es da abzuliefern. Nicht ohne es vorher gefaxt zu haben. Der ganze Aufwand war leider umsonst, die Schweiz gehört nach wie vor nicht zur EU, also muss ich Zoll bezahlen. Na ja, was will man machen.


Mittwoch, 30. Juni 2004


Endlich kommt das Telefon und ich kann das begehrte Zoll-Formular abholen. Jürgen kommt wieder mit als Dolmetscher. Jetzt wird die erste Rechnung fällig: 380.00 Euros. Leider haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht, es braucht nämlich noch ein weiteres Formular, das Certificado para matricula de vehiculos a motor. Der Zollagent rubbelt mit einem Papierstreifen und einem Bleistift die Chassis-Nummer ab, und das zwei Mal.

Wenn dieses Papier bereit ist, ruft er mich wieder an!

Dienstag, 13. Juli 2004


Heute ist auch das Certificado para matricula de vehiculos a motor zum Abholen bereit. Also fahren wir wieder nach Alicante. Diesmal kostet es, oh Wunder, allerdings nichts!!

Montag, 19. Juli 2004


Weil Jürgen diese Woche Feriengäste hat, ist er leider unabkömmlich. So beschliessen Brigitte und ich, trotz unserer spärlichen Spanischkenntnisse (Brigitte spricht aber fliessend Italienisch), nach Orihuela zum ITV zu fahren und es einfach mal zu probieren. Bevor wir das Auto vorführen können, braucht es allerdings das Formular „Ficha de reducia“, das ein Ingenieur  von der Firma ATRAIN, die sich im Nebengebäude befindet, ausstellt. Der freundliche Herr vom ITV meint, wir könnten entgegenkommenderweise trotzdem das Auto prüfen lassen und dieses Dokument morgen nachliefern.  Das Auto hat die Prüfung übrigens anstandslos bestanden.


Dienstag, 20.Juli 2004


Am Morgen fahren wir nach Orihuela zur Firma ATRAIN, um vom Ingenieur das Auto begutachten zu lassen. Er misst, wie am Vortag beim ITV geschehen, nochmals Radstand, Höhe, Breite etc., rubbelt nochmals mit zwei Papierstreifen die Fahrgestellnummer ab und schaut ganz fest in den Motorraum. Die Distanz von Mitte Hinterrad zur Stossstange misst er mit dem Karton, der ihm als Schreibunterlage dient. Trotzdem ist das Mass nachher millimetergenau  dokumentiert. Er könne dieses Formular jedoch nicht sogleich ausstellen, er würde uns aber anrufen, sobald es bereit sei.
Um etwa 17 Uhr ruft er tatsächlich an, das Formular sei bereit. Also fahren wir am selben Abend nochmals nach Orihuela, zahlen 90 Euro und bekommen das Papier. Wir tragen es ins Nebenhaus zum ITV und geben es da ab. Nach der Mitteilung, es dauere etwa 1 ½ Stunden, haben wir gesagt, dass wir dann morgen früh um 8.00 Uhr wieder kommen würden. Er war sehr erfreut und meinte: Muy bien, muy bien. (Kein Wort davon, dass er erst um 9 Uhr zu arbeiten beginnt. Aber das wussten wir ja noch nicht.)


Mittwoch, 21.Juli 2004


Um 08.15 fahren wir noch einmal nach Orihuela, um das Formular „Tarjeta inspección Técnica“ abzuholen. Wie wir da sind heisst es, der Sachbearbeiter komme erst um 9.00 Uhr!! Das hätten wir gerne gestern schon gewusst.  Eine Frau vom Schalter nebenan geht nachschauen und sagt, das Formular „Ficha de reducia“ sei nicht hier. Wir sagen ihr, dass wir es gestern persönlich abgegeben hätten. Nun, es sei eben nicht zu finden. Also, Kaffee trinken und warten. Um 9 Uhr erscheint der Sachbearbeiter tatsächlich. (Nur gut, dass er uns wieder erkannt und sich an dieses Formular erinnert hat, sonst wären wir schön am Ar........ gewesen.) Es dauerte allerdings nochmals 10 Minuten, weil das Formular „Tarjeta inspección Técnica“ erst geschrieben werden musste!!

Anschliessend sind wir direkt zum Trafico (Strassenverkehrsamt) nach Alicante gefahren. Eine riesige Menschenschlange steht auf dem Trottoir. Wir stellen uns hinten an. Nach etwa einer halben Stunde gehe ich mal schauen, wo diese Schlange überhaupt hinführt. Schockiert stelle ich fest, dass eine grosse Schalterhalle gerammelt voll von Wartenden ist. Keine Chance, hier vor Schalterschluss um 13.30 Uhr noch hinein zu kommen. Also fahren wir unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Wir beschliessen, dass Brigitte morgen alleine fährt, weil ich zu Hause zu tun habe.

Und weil wir gerade so schön viel Zeit haben, fahren wir auf dem Nachhauseweg zur SUMA, das ist die Organisation, welche die Steuern für die Gemeinden einzieht. Hier wird die Verkehrssteuer fällig. Natürlich haben wir nicht daran gedacht, alles und jedes zu fotokopieren. Auf meine Frage, ob sie das nicht hier machen könne, sagt die Dame, dass sie keinen Kopierapparat hätte. Also, in der Bruthitze durchs Dorf marschieren, um eine Papeterie zu suchen. Als wir dann zurück sind, müssen wir uns natürlich wieder hinten anstellen. Eine Frau wird gerade bedient. Die Dame hinter dem Schreibtisch steht auf mit zwei oder drei Formularen, vermutlich Rechnungen, in der Hand und geht nach hinten. Nicht zu glauben, aber sie kommt mit Fotokopien zurück. Als wir endlich wieder auf dem Stuhl sitzen und in den Hinterraum blicken können, was sehen wir dort???? Richtig, einen Fotokopierer! Was soll’s, eine Schikane mehr oder weniger. Irgend wann werden den Spaniern die Ausländer ausgehen.  Am Schluss dürfen wir  € 25.20 bezahlen, zwar nicht hier, aber auf der nächsten Bank.


Donnerstag, 22. Juli 2004


Um 07.15 fährt Brigitte los, um sich diesmal frühzeitig vor Trafico anzustellen. Um 08.45 Uhr telefoniert sie, dass sie ein Formular erhalten habe, das ich persönlich  unterschreiben müsse, eine Vertretung sei nicht möglich. Also, wieder zurück fahren. Dieses Formular enthält Angaben, die alle aus der „Tarjeta inspección Técnica“ zu entnehmen wären. Zudem ist eine Vertretung durchaus möglich, wovon die Schalterbeamtin natürlich nichts sagt. Im Gegenteil, sie sagte, ich müsse persönlich unterschreiben.


Freitag, 23. Juli 2004


Genau um 7.09 Uhr fahren wir los, um wiederum möglichst früh beim Trafico anzustehen. Es ist 7.40 Uhr als wir dort ankommen und schon steht eine ganze Reihe hier, obwohl erst um 8.30 Schalteröffnung ist. Wir kommen auch relativ bald rein und gehen zuerst zur Kasse, um die € 65.20 zu bezahlen. Dann stellen wir uns mit der Nummer 703 am Schalter an. Ein freundlicher Herr kontrolliert alle Unterlagen und meint am Schluss, es fehle das Formular „Impuesto especial sobre determinados medios de transporte.“ Wir bekämen dieses Formular bei Delegaciones Provinciales de Ministerio de Hacienda am Plaza de la Montañeta. Das Formular hat die Bezeichnung: Modelo 565. Also nehmen wir diesen Fussmarsch von 10 Minuten an die Plaza de la Montañeta unter die Füsse. Dieses Formular gibt es tatsächlich und wir dürfen auch 40 Cents dafür bezahlen. Kein Mensch erklärt uns aber, was damit zu machen sei. Also fülle ich es aus mit N.I.E.-Nummer, Name, Adresse, einfach alles, was ich bereits 100 Mal ausgefüllt habe. Zurück beim Trafico legen wir dieses Dokument stolz auf den Schalter im naiven Glauben, dass wir nun alles erledigt hätten. „Nein, nein, da fehlt der Betrag darauf und bezahlt ist auch noch nichts“ sagt uns der freundliche Herr hinter der Glasscheibe. Diese Angaben würden wir bei Delegaciones Provinciales de Ministerio de Hacienda am Plaza de la Montañeta erhalten. Also, nochmals den ganzen Weg zurück, sind ja bloss zwei mal zehn Minuten, und das bei über 30o Celsius. Nachdem wir uns bei diesem Ministerium durchgefragt haben, wissen wir, dass weitere 35,70 Euros fällig werden. Das können wir aber nicht hier bezahlen, sondern müssen dazu zu irgend einer Bank gehen. Also machen wir das auch und gehen zum Trafico zurück. Nachdem wir das nun endlich vollständig ausgefüllte Formular, inkl. Einzahlungsquittung dem freundlichen Herrn vorgelegt haben, gibt er uns tatsächlich eine Kopie des Formulares „Solicitud Matriculación“ mit dem Vermerk darauf: Lunes: 11’45, Pedir No en information“. Für alle, die des Spanischen nicht mächtig sind heisst das, dass wir am Montag um 11.45 Uhr am Informationsschalter eine Nummer abholen können.

Nachdem das Nummernschild dann irgendwann ein Spanisches sein wird, muss ich angeblich auch meinen Führerschein registrieren lassen. Also gehen wir wieder zum Informationsschalter, um die nötigen Formulare zu verlangen. Man gibt mir ein „Solicitud de canje del permiso de conducción“, was ein Gesuch um Umtausch der Fahrerlaubnis bedeutet. Seit 1996 müssen gemäss EU-Richtlinien die Führerscheine allerdings nicht mehr umgetauscht, sondern nur noch registriert werden.


Montag, 26. Juli 2004 (Dies ist der härteste und frustrierendste Tag der ganzen Reise)


Heute sind wir etwas später losgefahren, weil wir ja die Nummernschilder erst gegen 12 Uhr abholen können. Um etwa 9.45 Uhr treffen wir beim Trafico ein. Zu unserer Freude ist die Warteschlange vor dem Informationsschalter, wo wir unsere Warte-Nummer abholen können,  nicht all zu lang. Brigitte stellt sich also da an, derweil ich mich bei der Warteschlange zur Kasse anstelle. Ich muss ja zuerst die € 16.20 für die Umschreibung des Führerscheins bezahlen. Hier ziehe ich die Nummer 689 und 49 Clientes sind vor mir dran. Brigitte bekommt die Nummer 728 und auf dem Talon steht sogar, dass nur 10 Clientes vor uns sind. Als unsere Nummer 728 am Schalter 6 aufgerufen wird, gehen wir mit der leisen Befürchtung dorthin, dass wir zu früh sind, es ist ja erst 20 Minuten nach 10 Uhr. Und tatsächlich schüttelt der nette Herr hinter der Glasscheibe den Kopf und zeigt auf den Vermerk auf dem Abholungsschein, dort steht nämlich klipp und klar: 11’45 Uhr!! Also stellen wir uns nochmals hinter der Warteschlange zum Informationsschalter an, um eine spätere Nummer zu holen. Diesmal ist es die Nummer 753 und wieder nur 10 Clientes vor uns. Also warten wir nochmals vor dem Schalter 6 und das Pech will es, dass wir wieder zu früh sind. Es ist einfach nicht abzuschätzen, wie lange die Wartezeit sein muss, um nicht vor 11.45 Uhr vor dem Schalter zu stehen. Ich kann einfach nicht glauben, dass die Nummern-Zuteilung für das Autokennzeichen erst um 11.45 Uhr erfolgt. Wenn es um 11.45 bereit ist, ist es bestimmt auch schon um 10.45 bereit. Unglaublich aber wahr, wir stellen uns zum dritten Mal in die Kolonne und erhalten dann die Nummer 782. Wir hoffen, dass die fünf Clientes vor uns ganz langsam abgefertigt werden, damit wir nicht wieder zu früh sind. Und tatsächlich ist es erst 11.43 Uhr, als wir wiederum, zum dritten Mal, an der Reihe sind. Wir sind halt einfach zu früh, ganze 2 (!) Minuten fehlen noch. Die Nummer ist noch nicht da! Der nette Herr ist jetzt nicht mehr so nett. Er steht auf und verschwindet irgendwo im Hinterraum. Als er nach ein Paar Minuten wieder erscheint, es ist mittlerweile 11.48 Uhr, schmeisst er uns die Papiere hin und starrt auf seinen Bildschirm. Was wir hier erhalten sind natürlich nicht die Schilder, sondern nur die Ausweise, worauf das Autokennzeichen vermerkt ist. Die Schilder müssen wir in einem der Geschäfte auf der gegenüberliegenden Strassenseite anfertigen lassen und auch gleich die 30 Euros bezahlen. Halleluja, die Schilder haben wir jetzt endlich. Wir legen Sie in den Kofferraum unseres Autos und nehmen die andere Sache noch in Angriff.

Wir haben ja immer noch die Nummer 689 für die Umschreibung des Führerscheins. Ich will’s kurz machen. Dafür braucht es ein ärztliches Attest das aussagt, dass man fähig ist, ein Auto zu fahren. Im ersten Büro werde ich gefragt, ob ich gesund bin. Kein Diabetes, keine Drogen, keine Medikamente, keinen Bluthochdruck (mit Ausnahme von heute). Im zweiten Büro legt mir ein Herr ein Stück Papier hinter das eine Brillenglas und bittet mich, eine Buchstabenreihe zu lesen. Muy bien, muy bien. Dann das andere Auge.  Im dritten Büro muss ich mit zwei weissen Punkten zwei roten Balken folgen, ohne dass es zu oft hupt, wenn ich die Balken verliere. Das war’s. Ich muss ein Foto und 30 Euros abgeben und erhalte dafür meine Bestätigung. (Als Militärmotorfahrer und Ambulanzfahrer und auch Inhaber der Fahrkategorie für gewerbsmässigen Personentransport kenne ich die medizinischen Eignungstest einigermassen. Dieser Test jedoch spottet jeder Beschreibung, er ist eine reine Farce.) Ich habe jetzt alle Papiere zusammen und nun beginnt das grosse Warten, bis die 49 Clientes vor mir abgefertigt sind. Um etwa 13.30 Uhr, knappe 4 Stunden nach unserem Eintreffen, erscheint unsere Nummer auf der Anzeigetafel von Schalter vier. Der lange Rede kurzer Sinn: Ich konnte meinen Führerschein nicht umschreiben lassen, weil ich nicht beweisen konnte, dass ich schon länger als 185 Tage hier in Spanien lebe, obwohl ich den Damen (es waren mittlerweile deren drei) vorlegte, dass ich eben mein Auto von Schweizer Kontrollschildern auf spanische umgemeldet habe. Die eine, die etwas Deutsch sprach, machte dann den Vorschlag, ich solle doch mit ihrem Chef reden, er sei am Schalter 1 zu finden. Der scheint diesen Aufruhr mitbekommen zu haben, denn, wie er uns kommen sieht, steht er auf und geht davon.

Ich gebe es auf und fahre halt mit meinem schweizerischen Führerschein. Ich habe genug von den Schikanen! Von wegen Führerschein registrieren statt umschreiben lassen, wie es angeblich seit 1996 von der EU vorgeschrieben ist: Davon wissen die Verantwortlichen im spanischen Verkehrsamt nach acht Jahren noch nichts!!


Ganz ehrlich, ich kann gar nicht so viel essen.

Freitag, 15. Juli 2011

Erste Praxis - Regel


Der Kranke traut nur widerwillig 
dem Arzt, der’s schmerzlos macht und billig.

D’rum lass nie den alten Grundsatz rosten,

es muss

1. weh tun und

2. was kosten.
 
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