Donnerstag, 14. April 2011

Kinderhandel in Spanien

Zur Zeit arbeitet Spanien ein gar nicht so altes Thema auf: Kinderhandel. Während Jahrzehnten wurden in Spaniens Spitäler Neugeborene gestohlen und verkauft. Nein, nein, nicht von kriminellen Einzeltätern. Ärzte, Gynäkologen, Nonnen, Priester, kirchliche Organisationen, ja sogar ein Klinikdirektor sind darin involviert und haben dabei tüchtig abkassiert. 

Den Müttern wurden die Babys nach der Geburt zum Baden oder zu Untersuchungen abgenommen. Zurück kam die Mitteilung, das Baby sei leider in der Zwischenzeit verstorben. Misstrauischen Müttern, die ihr Baby sehen wollten, wurden in einigen Fällen extra zu diesem Zweck tiefgefrorene Kinderleichen gezeigt. In den 40er Jahren spielte sich dieser Skandal vor einem faschistischen Hintergrund ab (Franco-Diktatur). Der letzte bekannt gewordene Fall fand allerdings 1995, also gerade mal vor 16 Jahren statt!

Enrique Vila, ein Anwalt, der kürzlich ein Buch zu diesem Thema veröffentlicht hat, schätzt die Zahl derer auf mindestens 300'000!! Er hat als Anwalt der Betroffenen-Organisation "Anadir" am 27. Januar eine Sammelklage eingereicht. Seitdem ist das Thema zum Politikum geworden und immer mehr Zeitungen nehmen sich des Falles an.

Aufgrund dessen melden sich immer mehr Frauen, die bis anhin davon ausgegangen sind, dass ihr Kind eines plötzlichen Kindstodes gestorben sei. Einige von ihnen liessen, auf einen schrecklichen Verdacht hin, das Grab ihres Kindes öffnen. Meistens fand man einen leeren Sarg vor.  "Oder auch einen, in den nur ein Körperteil, zum Beispiel ein Bein, gelegt worden war" sagt Enrique Vila.

Auf dem TV-Sender "Antena 3" sagte kürzlich ein sichtlich gerührter Aufseher, natürlich unkenntlich gemacht,  einer Klinik in La Palma folgendes aus: Es sei dort in den 70er Jahren üblich gewesen, dass man Zwillinge nach der Geburt getrennt und eines der beiden an reiche Adoptiveltern verkauft habe. 

In den Geburtsurkunden fehlen aber die Hinweise auf eine Adoption. Die "Eltern" hatten jeweils bei der Geldübergabe Papiere erhalten, die sie als leibliche Eltern auswiesen. Auf diese Art konnte vertuscht werden, dass es sich dabei um gestohlene Babys handelte.

Eine ehemalige Nonne erzählte von einem religiösen Kinderheim (Casa Cuna) in Teneriffa. Dort soll es zahlreiche Fälle von Kinderraub gegeben haben. Sie selbst sei mit der Übergabe von Babys beauftragt worden. Als sie Verdacht schöpfte, musste sie das Haus verlassen und trat dann später auch aus dem Orden aus. 

Man darf gespannt sein, wie tief der Sumpf noch wird, nachdem die misstrauisch gewordenen "Kinder" mittels eines DNA-Tests herausfinden, dass sie wohl Opfer eines Menschenhandels geworden sind.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen